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Gehe nie zu Deinem Fürst, wenn Du nicht gerufen wirst?

Stakeholder-Management als Königsdisziplin im Produktmanagement


Im Mittelalter galt ein strenger Ratschlag: „Gehe nie zu Deinem Fürst, wenn Du nicht gerufen wirst.“Wer eigenmächtig vorsprach, riskierte Ungnade – wer gerufen wurde, durfte auf Anerkennung hoffen.


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Doch übertragen wir diese Metapher in die Gegenwart, ins strategische Produktmanagement:Wer nur reagiert, wird übergangen. Wer proaktiv führt, gestaltet.


Warum Stakeholder-Management entscheidend ist


Produktmanagement im B2B ist weit mehr als Roadmaps, Backlogs und Feature-Listen. Es ist strategische Unternehmensführung – durch die Brille des Kunden.

Das bedeutet:

  • Stakeholder sind nicht bloß interne Gatekeeper, sondern entscheidende Mitgestalter.

  • Ohne ihr Buy-in scheitern selbst die besten Marktideen.

  • Gleichzeitig sind ihre Entscheidungen oft von Zwängen geprägt: kurzfristige Kostensenkung, Ressourcenschonung oder interne Politik.

Wenn das Produktmanagement hier nicht eingreift, wird die Kundenperspektive schnell vom internen Machtspiel verdrängt.


Typische Herausforderungen aus der Praxis


  • Der schnelle Effizienzgedanke: Ein COO spart an Material, ohne die Außenwirkung am Markt zu bedenken.

  • Der technologische Stolz: Ein Entwicklungsleiter will ein komplexes Feature, das am Ende niemand bezahlt.

  • Der Marketing-Fokus: Eine starke Story wird entworfen, aber das Produkt dahinter hält nicht stand.

Jeder dieser Fälle zeigt: Ohne strategische Moderation durch das Produktmanagement laufen Unternehmen Gefahr, am Kunden vorbei zu entscheiden.


Die Rolle und Haltung des Produktmanagers


Ein guter PM ist mehr als Projektverwalter – er ist Übersetzer, Sparringspartner und Korrektiv:

  • Übersetzer, der Kundenbedürfnisse in wirtschaftlich relevante Argumente überträgt.

  • Sparringspartner der Geschäftsführung, der strategische Entscheidungen vorbereitet und mit fundierten Daten stützt.

  • Korrektiv, das klar benennt, wenn kurzfristige Optimierungen langfristigen Schaden verursachen.

Das erfordert Haltung: nicht devot, sondern selbstbewusst. Nicht Bittsteller, sondern rechte Hand der Geschäftsführung.


Praktische Handlungsprinzipien


Damit Stakeholder-Management gelingt, helfen einige Leitlinien:

  1. Stakeholder-Mapping: Macht und Interessen regelmäßig erfassen und aktualisieren.

  2. Frühzeitig kommunizieren: Kritische Themen ansprechen, bevor Entscheidungen unumkehrbar werden.

  3. Auf Augenhöhe sprechen: Nicht in Fachsprache, sondern in Business-Kennzahlen argumentieren: Umsatz, Risiko, Kundenzufriedenheit.

  4. Konsequenzen klar aufzeigen: „Wenn wir Blech sparen, senken wir kurzfristig Kosten, riskieren aber langfristig höhere Reklamationsraten.“

  5. Netzwerke pflegen: Nicht nur nach oben berichten, sondern auch Allianzen in Technik, Vertrieb und Service aufbauen.


Die „Blech“-Geschichte – wenn Schweigen teuer wird


Ein COO entscheidet eigenmächtig, dünneres Blech im Serverrack einzusetzen. Technisch funktioniert das Produkt weiterhin. Doch die Kunden empfinden es als minderwertig, die Reklamationen steigen – und plötzlich wird aus einer vermeintlichen Effizienzmaßnahme ein Reputations- und Kostenproblem.

Das Produktmanagement war nicht eingebunden – und verlor dadurch seinen entscheidenden Hebel: die Stimme des Kunden.

Dieses Beispiel macht klar: Das Schweigen des PMs kostet mehr, als das eingesparte Material je hätte bringen können.


Fazit – die Umkehr der Metapher


„Gehe nie zu Deinem Fürst, wenn Du nicht gerufen wirst?“ – im Mittelalter vielleicht überlebenswichtig.Im modernen Produktmanagement gilt das Gegenteil:

  • Gehe immer zu Deinen Stakeholdern – vorbereitet, klar und mit Haltung.

  • Sei die rechte Hand der Geschäftsführung, nicht der Bittsteller.

  • Wer mutig und kundenzentriert agiert, wird nicht als Störenfried gesehen, sondern als strategischer Partner.

Denn: Produktentscheidungen sind Businessentscheidungen.

 
 
 

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